Schlüsselblume
Die echte Schlüsselblume gehört zu den Primelgewächsen (Primulaceae). Ihr botanischer Name Primula Veris bedeutet Frühlingserstling (Primula LAT. Prima = die Erste, Veris LAT. Ver = der Frühling).
Frühlingsbotin
Es handelt sich um eine mehrjährige, krautige Pflanze mit einem kurzen Wurzelstock. Sie wird 10-30cm hoch und wächst in Gruppen. Die Schlüsselblume ist in ganz Europa und in Teilen Asiens beheimatet, sie bevorzugt trockene und sonnige Wiesen, lichte Wälder und Waldränder.
Die länglichen Blätter der Pflanze stehen in einer grundständigen Rosette. An einem oder mehreren blattlosen Stängeln befinden sich vielblütige Dolden die oft nach einer Seite hängen. Die 5 dottergelben Kronblätter der Einzelblüte sind an der Basis zu einer Röhre verwachsen.
Eine nahe Verwandte der Primula veris ist die Primula elatior (Hohe Schlüsselblume oder auch Waldschlüsselblume genannt). Im Gegensatz zur echten Schlüsselblume hat die hohe Schlüsselblume eher blassgelbe Blütenblätter. Bei Primula veris haben die stark duftenden Blüten fünf orangefarbenen Flecken (sog. Saftmale) oberhalb der Blütenröhre, die bei der Waldschlüsselblume fehlen.
Beide Arten blühen von April bis Juni.
Geschichte
Den antiken Ärzten war die Schlüsselblume nicht bekannt. Sie taucht erstmals im Mittelalter in den Kräuterbüchern auf. Bei Hildegard von Bingen (1098-1179) wird sie als Mittel gegen Melancholie (Depression) beschrieben. Die Schlüsselblume sollte helfen, indem man sie auf das Herz des Erkrankten legte. Die Äbtissin empfahl sie auch bei Lähmungen. Im späten Mittelalter wurde die Schlüsselblume auch zur Behandlung der Gicht, bei Gliederschmerzen und zur Herzstärkung eingesetzt.
Volksmedizin und Brauch
Über die Jahrhunderte hinweg galt die Schlüsselblume als Mittel bei Schmerzen (v.a. Kopfschmerzen) bei Lähmungen, Gicht und Gelenkrheumatismus, bei Schwellungen, Tierbissen und Insektenstichen und als Stärkungsmittel bei Herzschwäche
Sebastian Kneipp (1821-1897) empfahl die Schlüsselblume für jede Hausapotheke:
„Schon der Geruch verräth, daß in all´ diesen Blütenkelchen eine besondere Heilflüssigkeit stecken müsse….“
Aber auch er empfahl die Pflanze vor allem zur Behandlung der Gicht.
Erst zu Beginn des 20.Jahrhunderts wurde die schleimlösende Wirkung der Schlüsselblumenwurzel entdeckt.
Inhaltsstoffe und Verwendung
Blüten und Wurzeln sowohl der echten als auch der hohen Schlüsselblume werden arzneilich genutzt.
Wurzeln und Rhizom der Pflanze enthalten 5-10% Triterpensaponine die als Glykoside vorliegen. Wird die Wurzel verletzt, verströmt sie einen charakteristischen Duft (enzymatische Spaltung der Glykoside zu Methoxymethysalicylat). Die Schlüsselblumenwurzel hat schleimlösende, antientzündliche, bronchienerweitende und antimikrobielle Eigenschaften.
Zuverlässige Hilfe bei Husten, Bronchitis und Entzündungen der Nasennebenhöhlen
Die Schlüsselblumenblüten enthalten nur geringe Mengen an Saponinen (ca. 2%). Dafür enthalten sie mehr Flavonoide, wie Rutin, Quercetin und Gossypetin sowie Carotinoide. Die Blüten wirken schleimlösend (auch in den Nasennebenhöhlen), antientzündlich und antimikrobiell.
Die Blüten der Schlüsselblume werden in den Monaten April und Mai geerntet. Die Erntezeit für die Schlüsselblumenwurzeln ist im Spätherbst, da der Wirkstoffgehalt dann am höchsten ist.
Wirkung
Medikamente, die Schlüsselblumen enthalten, werden heute bei Erkrankungen der Atemwege eingesetzt. Bei Entzündungen der Nasenneben-höhlen, starkem Schnupfen (z.B Sinupret®), sowie bei akuter und chronischer Bronchitis (z.B. Bronchicum®, Bronchipret TP®). Als Lutschpastille (z.B. Ipalat®) hilft die Arznei-pflanze gut gegen Hustenreiz und Heiserkeit.
Die Rhizome werden komplett mit Wurzeln verwendet. Die enthaltenen Saponine wirken reizend auf den Nervus Vagus in der Magen-schleimhaut und fördern so in den Bronchien reflektorisch die Wassersekretion. Dadurch erzielt man einen schleimlösenden und hustenstillenden Effekt. Die Salicylsäurederivate aus den Wurzeln wirken zusätzlich entzündungshemmend.
Die Arzneipflanze ist bewährt bei festsitzendem Husten, insbesondere beim Altershusten!
Sie entlastet den Kreislauf, da sie zur Wasser-ausscheidung führt. (daher die Anwendung der Schlüsselblume bei Rheuma, Gicht und Neuralgien).
Teezubereitung
Wurzel:
0,5g (ca. 1 Teelöffelspitze) getrocknete und fein zerriebene Wurzel mit kaltem Wasser ansetzen und Aufguss zum Sieden bringen. 5 Minuten ziehen lassen und abseihen. 1-3 Tassen täglich.
Blüten:
2g (ca. 1 Teelöffel) getrocknete Blüten mit heißem Wasser übergießen 5 Minuten ziehen lassen. 1-3 Tassen täglich.
Die Blüten der Schlüsselblume sind häufiger Bestandteil von Hustentees, Asthmatees, Bronchialtees. Die Wurzel findet man hingegen nur in wenigen Mischungen. Wegen der schwierigeren Zubereitung vor allem in Instanttees (z.B. Heumann Bronchialtee SolubifixT®).
Eine Überdosierung der Pflanze kann durch die Reizung der Magenschleimhaut zu Erbrechen und Durchfall führen.
Homöopathie
In der Homöopathie wird die Schlüsselblume bei Kopfschmerzen und Migräne (z.B. Biodolor®) und zur Herzstärkung (z. B. Cardiodoron®)eingesetzt.
Die oberirdischen Teile der Schlüsselblume können bei empfindlichen Menschen nach Hautkontakt einen juckenden Ausschlag verursachen.
Die Schlüsselblume wird auch als Gewürz- und Salatpflanze verwendet.
Junge Blätter und Blüten werden beim Kochen von Kräutersuppen und bei der Zubereitung von Salaten verwendet. Außerdem können die Blüten zu Primelwein und Kräuteressig sowie zu Gelees verarbeitet werden. (aber Vorsicht! Artenschutz)
Artenschutz
Die Schlüsselblume ist in der Natur selten geworden. Für die arzneiliche Verwendung wird Primula veris auf Feldern angebaut. z. B. in der Türkei und in Bulgarien.
Das Sammeln wild wachsender Schlüsselblumen ist verboten.
Die Bundesartenschutzverordnung hat die gesamte Pflanze als besonders gefährdet eingeordnet.
Schlüsselblumen dienen zudem verschiedenen Schmetterlingsraupen als Futterpflanze. Darunter auch der Raupe des Schlüsselblumenwürfelfalters, einer gefährdeten Schmetterlingsart.